Die Museumslandschaft im Schwarzwald

Wo die Uhren ticken lernten

Uhren und Autos - auf den ersten Blick gehören diese Dinge nicht zusammen. In Schramberg schon. Das neue Museum Erfinder-Zeiten vereint unter einem Dach historische Zeitmesser, Automobile und Zweiräder. Das Besondere: Die Exponate werden in jeweils zeitgemäßer Umgebung präsentiert.
Von Gabriele Kiunke

Als Stadt der Uhren hat Schramberg einst Rekorde geschrieben. Im Dritten Reich stand hier die größte Uhrenfabrik der Welt: 6000 Beschäftigte produzierten bei der Firma Junghans Zeitmesser in allen Variationen. Bis 1990 halbierte sich die Belegschaft, heute sind es nur noch 500 Mitarbeiter. Ein Trost: Seitdem die Familie Steim, der am Ort auch die Firma Kern-Liebers gehört, die traditionsreiche Marke unter ihre Fittiche genommen hat, scheint die wirtschaftliche Talsohle überwunden.

Von den einstigen Glanzzeiten als Uhrenhauptstadt zeugen prächtige klinkerverputzte Industriegebäude gleich am Ortseingang der Fünf-Täler-Stadt. In dem ehemaligen Fabrikgebäude der Hamburg-Amerikanischen Uhrenfabrik H.A.U. - einem denkmalgeschützten Haus aus der Jugendstilzeit mit kunstvollen Sprossenfenstern - wird künftig an die Uhrenproduktion im Schwarzwald erinnert. Auf fünf Etagen wird zurzeit das Museum Erfinder-Zeiten eingerichtet, das sowohl die Uhren-Sammlung der Stadt Schramberg und der Firma Junghans als auch die Automobilsammlung Martin Sauter präsentiert. Drei Millionen Euro kostet das Projekt, finanziert von der Stadt und mit Zuschüssen des Landes. Damit will sich das Schwarzwaldstädtchen künftig als Zentrum der Industriekultur positionieren. Die neue Schau komplettiert die Museumslandschaft, die unter dem Titel "Auto und Uhrenwelt Schramberg" drei Häuser vereint: das Dieselmuseum, die private Autosammlung Steim und das städtische Museum Erfinder-Zeiten.

Wie in vielen Museen inzwischen üblich, beginnt der Rundgang nicht am Eingang, sondern im Dachgeschoss. Mit dem Aufzug fährt man in den vierten Stock und flaniert treppab durch die Ausstellung. Natürlich startet der Rundgang mit dem Produkt, das Schrambergs Weltruhm begründete: Chronometer in allen Variationen und aus verschiedenen Epochen werden im Dachgeschoss zu sehen sein. Noch sind die Vitrinen aber leer, überall arbeiten Handwerker, Taschenuhren und Wecker liegen noch in den Magazinen. Verschiedene Stationen markieren die Umbrüche und Veränderungen auf diesem Gebiet: Den Beginn symbolisiert eine Uhrmacherwerkstatt aus dem Jahr 1820. Eine Tartanbahn steht für einen innovativen Höhepunkt, der nur wenig bekannt ist. Bei den Olympischen Spielen 1972 in München wurden die Rekorde mit Junghans"schen Quarzuhren gemessen.

Dass in Schramberg historische Chronometer in ein Museum müssen, liegt auf der Hand, doch warum auch Oldtimer? "Bei Uhren und Autos sind im Schwäbischen viel Erfinderreichtum zu finden", begründet Projektleiter Helmut Banholzer den Schwerpunkt der drei unteren Etagen. Viele heutige Autozulieferer waren ursprünglich als Lieferanten für die Uhrenindustrie tätig, auch die Firma Kern-Liebers. Dazu kam, dass Martin Sauter, Inhaber der Waagenfabrik Kern und Sohn in Balingen, seine etwa 200 Fahrzeuge umfassende Sammlung der Stadt Schramberg zur Verfügung stellte. Sie umfasst vor allem Kleinfahrzeuge, Fahr- und Motorräder aus den Jahren 1945 bis 1970, die den wachsenden Wohlstand der kleinen Leute widerspiegeln. Nobelkarossen und Autos der Oberklasse findet man hier nicht, diesen Bereich deckt die benachbarte Autosammlung Steim ab.

Während dort das blitzende Chrom ohne Beiwerk zur Schau gestellt wird, findet sich das Blech im Erfinder-Zeiten im dekorativen Rahmen wieder. Die unmittelbare Nachkriegszeit, die Aufbaujahre der 50er und das Wirtschaftswunder sind die Themen. Jedem Abschnitt ist eine Etage gewidmet, die entsprechend gestaltet ist. Zur kargen und ärmlichen Nachkriegszeit passen die abgenutzten und schäbigen Wände und Böden der alten Fabrikhalle - hier gab"s für die Handwerker wohl wenig zu tun. In den unteren Etagen werden die Farben heller und freundlicher, das Ambiente mit Parkettboden und Tapeten wohnlicher.

Alltagsgegenstände veranschaulichen das Leben der Menschen, etwa wie die Not nach dem Krieg erfinderisch machte. Kriegsbeschädigte bastelten sich Rollstühle zusammen, Lastwagen und Autos werden mangels Treibstoff mit Holzvergasern ausgerüstet und manches Fahrrad mit einem Motor aufgerüstet. Ein spärlich eingerichtetes Kämmerlein veranschaulicht die damaligen Wohnverhältnisse vieler Flüchtlinge, die zur Lebensmittelbeschaffung Hamsterfahrten aufs Land unternahmen - dafür steht ein Zugabteil. Stolz sind die Ausstellungsmacher auf den Friseursalon aus den 50er Jahren, der samt farbigen Waschbecken und von der Decke hängendem elektrischem Rasierapparat aufgebaut wurde.

Modelle von DKW, Goggo, Lloyd, Messerschmidt, Viktoria, Zündapp, Vespa und VW zeigen die Fülle von Marken in den Aufbaujahren. Glänzend poliert warten sie auf den großen Auftritt, dabei sahen sie einst so rostig und verrottet aus wie die "Moorleiche". Dieser Motorroller, der tatsächlich aus dem Moor gegraben wurde, zeigt anschaulich, was Sammler aus Fundstücken machen. Rechts daneben strahlt dasselbe Modell in schicker weiß-roter Lackierung.

12.03.2010


Quellenangabe:"Wo die Uhren ticken lernten", Stuttgarter Nachrichten, 12.03.2010, http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.archiv.8086c4da-3422-4e20-b90c-9ca095d98563.html, 10.03.2011

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